Reisekosten: Behandlung von Fahrtkosten bei bestimmten Berufsgruppen

Für Fahrten (Wege) zwischen Wohnung und der „ersten Tätigkeitsstätte“ kann eine Entfernungspauschale von 0,30 Euro pro Entfernungskilometer als Werbungskosten abgezogen werden; die Entfernungspauschale gilt unabhängig vom gewählten Verkehrsmittel. Für Fahrten zu anderen (auswärtigen) Tätigkeitsstätten können die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten als Reisekosten angesetzt werden; bei Benutzung eines PKW kommt alternativ eine Pauschale von 0,30 Euro pro gefahrenen Kilometer in Betracht. Die erste Tätigkeitsstätte hat für den Werbungskostenabzug also eine besondere Bedeutung.

Erste Tätigkeitsstätte ist die ortsfeste betriebliche Einrichtung, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Zuordnung ergibt sich aus den arbeitsrechtlichen Anweisungen des Arbeitgebers; sie ist dauerhaft, wenn der Arbeitnehmer

• unbefristet oder
• für die Dauer des Dienstverhältnisses oder
• länger als 48 Monate

dort tätig werden soll.6

Der Bundesfinanzhof hat für verschiedene Berufsgruppen Kriterien für eine erste Tätigkeitsstätte festgelegt und damit die Auffassung der Finanzverwaltung7 bestätigt.

Danach ist die Dienststelle eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst seine erste Tätigkeitsstätte, weil er dort u. a. seine Uniform anzuziehen, anfallende Schreibarbeiten zu erledigen und an Dienstantrittsbesprechungen teilzunehmen hat.8
Bei einer Pilotin wurde der von der Fluggesellschaft als Heimatbasis bestimmte Flughafen als erste Tätigkeitsstätte angesehen, weil sie dort vor den Flügen an einem 60- bis 100-minütigen Briefing teilnehmen, Wettermeldungen prüfen und analysieren sowie andere Arbeiten ausführen musste. Fahrten zu anderen Flughäfen können unter Reisekostengesichtspunkten als Werbungskosten berücksichtigt werden.9
Bei einer Luftsicherheitskontrollkraft ist die erste (weiträumige) Tätigkeitsstätte das gesamte Flughafengelände, 10 d. h., für Fahrten von der Wohnung zum nächstgelegenen Zugang zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet gilt die Entfernungspauschale; Fahrten innerhalb des Geländes und Mehrkilometer zu weiter entfernt liegenden Zugängen können nach Reisekostenregelungen berücksichtigt werden.

Gesamthafenarbeiter im Hamburger Hafen stehen sowohl in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Gesamthafen-Betriebsgesellschaft als auch in einem weiteren befristeten Arbeitsverhältnis bei dem jeweiligen Hafeneinzelbetrieb, der als dessen lohnsteuerrechtlicher Arbeitgeber anzusehen ist. In diesem Fall ist jedes einzelne – unter Umständen auch nur eintägige – Arbeitsverhältnis gesondert zu betrachten mit der Folge, dass regelmäßig der jeweilige Beschäftigungsort bei dem Einzelbetrieb als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist und für die Fahrten von der Wohnung dorthin und zurück nur die Entfernungspauschale angesetzt werden kann.11

Bei einem befristeten Beschäftigungsverhältnis liegt eine dauerhafte Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte vor, wenn sie für die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses gelten soll. Wird der Arbeitnehmer vor Ende der Befristung an eine andere Tätigkeitsstätte versetzt, entsteht keine „neue“ erste Tätigkeitsstätte, vielmehr liegt eine Auswärtstätigkeit vor, sodass Fahrten von der Wohnung dorthin und zurück nach Reisekostengrundsätzen zu behandeln sind. Wenn die geplante Einsatzdauer an der neuen Tätigkeitsstätte mehr als 48 Monate andauern sollte, würde dort von Anfang an eine neue erste Tätigkeitsstätte vorliegen, sodass für die Fahrten zwischen Wohnung und dieser Tätigkeitsstätte die Entfernungspauschale gelten würde.12

1Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen müssen bis zum Fälligkeitstag abgegeben werden, da sonst Verspätungszuschläge entstehen können.
2Für den abgelaufenen Monat.
3Für den abgelaufenen Monat; bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat.
4Urteil vom 23. Mai 2019 3 K 1007/18 E (EFG 2019 S. 1199).
5Siehe dazu Urteil vom 14. Juni 2016 IX R 2/16 (BStBl 2016 II S. 901).
6Zu weiteren Einzelheiten siehe § 9 Abs. 4 EStG.
7Vgl. BMF-Schreiben vom 24. Oktober 2014 – IV C 5 – S 2353/14/10002 (BStBl 2014 I S. 1412).
8BFH-Urteil vom 4. April 2019 VI R 27/17.
9BFH-Urteil vom 11. April 2019 VI R 40/16.
10BFH-Urteil vom 11. April 2019 VI R 12/17.
11BFH-Urteil vom 11. April 2019 VI R 36/16.
12BFH-Urteil vom 10. April 2019 VI R 6/17.
13Bis zu 7 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (siehe § 33 Abs. 3 EStG).
14Vgl. dazu H 33a.1 „Abgrenzung zu § 33 EStG“ EStH.
15In Betracht kommt eine Steuerermäßigung von 20 %, höchstens 4.000 Euro, der Aufwendungen; siehe auch BMF-Schreiben vom 9. November 2016 – IV C 8 – S 2296 b/07/10003 (BStBl 2016 I S. 1213), Rz. 13 ff.
16Die Finanzverwaltung erkennt eine Begünstigung nach § 35a EStG dann an, wenn die Aufwendungen für haushaltsnahe Pflegeleistungen, für die der Steuerpflichtige eine Rechnung erhalten hat, vom Konto eines Dritten (z. B. des Kindes) bezahlt worden sind; siehe BMF-Schreiben vom 9. November 2016 (Fußnote 15), Rz. 51.
17Urteil vom 3. April 2019 VI R 19/17.
18Urteil vom 14. November 2007 IX R 51/06.
19BFH-Urteil vom 19. Februar 2019 IX R 20/17.
20§ 3 Nr. 13 und 16 EStG, R 9.9 LStR.
21Vgl. Abschn. 1.8 UStAE.
22Urteil vom 22. Februar 2018 6 K 2033/15 (EFG 2018 S. 1496).
23Az. des BFH: V R 18/18.
24Siehe § 18g UStG.
25Siehe dazu Abschn. 18g.1 Abs. 4 und 5 UStAE.
26Siehe Abschn. 18g.1 Abs. 6 UStAE.
27Siehe Abschn. 18g.1 Abs. 3 UStAE.
28Vgl. hierzu BFH-Urteil vom 30. November 2016 VI R 2/15 (BStBl 2017 II S. 1014) sowie Informationsbrief April 2017 Nr. 1.
29Urteil vom 14. März 2019 10 K 2990/17 E.