Nach derzeitiger Rechtslage werden Nachzahlungen und Erstattungen im Zusammenhang mit Einkommen-, Körperschaft- sowie Gewerbe- und Umsatzsteuerfestsetzungen verzinst; nach Ablauf einer zinsfreien Karenzzeit von regelmäßig 15 Monaten6 beträgt der gesetzlich festgelegte Zinssatz 0,5 % für jeden vollen Monat.7
Das Bundesverfassungsgericht8 hat jetzt entschieden, dass die Verzinsungsvorschrift verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 01.01.2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5% zugrunde gelegt wird.
Das Gericht beanstandete die Ungleichbehandlung von Steuerzahlern, deren Steuer erst nach Ablauf der Karenzzeit festgesetzt wird, gegenüber denjenigen, deren Steuer bereits innerhalb der Karenzzeit festgesetzt wird. Ein niedriger Zinssatz – so das Gericht – könne diese Ungleichbehandlung verringern. Der derzeitige Zinssatz von jährlich 6% sei angesichts des seit Jahren bestehenden strukturellen Niedrigzinsniveaus realitätsfern und nicht mehr zu rechtfertigen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber aufgerufen, eine Neuregelung bis zum 31.07.2022 zu treffen. Diese Regelung soll dann rückwirkend auf alle Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 angewendet werden, soweit die betroffenen Fälle noch nicht bestandskräftig sind.
Für Verzinsungszeiträume zwischen dem 01.01.2014 und dem 31.12.2018 dagegen gilt die Vorschrift trotz der Beanstandungen des Gerichts ohne Neuregelung fort; eine Änderung wird sich somit hier aufgrund des Urteils auch dann nicht ergeben, wenn die entsprechenden Festsetzungen noch nicht bestandskräftig sind.
1Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen müssen bis zum Fälligkeitstag abgegeben werden, da sonst Verspätungszuschläge entstehen können.
2Die Fälligkeit verschiebt sich auf den 11.10., weil der 10.10. ein Sonntag ist.
3Für den abgelaufenen Monat. Falls vierteljährlich gezahlt wird, für das abgelaufene Kalendervierteljahr.
4Für den abgelaufenen Monat; bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat. Falls vierteljährlich ohne Dauerfristverlängerung gezahlt wird, für das abgelaufene Kalendervierteljahr.
5Vgl. H 11 EStH.
6§ 32 Abs. 6 Satz 8 EStG.
7Im Rahmen der Corona-Hilfsmaßnahmen gilt für 2019 eine Karenzzeit von 21 Monaten und für 2020 von 18 Monaten (siehe hierzu Art. 97 § 36 Abs. 2 EGAO und § 233a Abs. 2 AO n. F.). 7 Siehe § 233a i.V.m. § 238 Abs. 1 AO.
8Beschluss vom 08.07.2021 1 BvR 2237/14 und 1 BvR 2422/17.
9Wertpapiergeschäfte unterliegen generell im Rahmen der Kapitaleinkünfte der Einkommensteuer (vgl. § 20 Abs. 2 EStG).
10Siehe FG Münster vom 03.08.2020 5 K 2493/18 E. Gehören zum veräußerten Inventar jedoch Kunstwerke oder Antiquitäten, ist ein Verkauf innerhalb von 10 Jahren als privates Veräußerungsgeschäft zu behandeln (§ 23 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG).
11FG Köln vom 27.06.2018 3 K 870/17 (EFG 2018 S. 1647).
12BFH vom 29.04.2021 VI R 31/18.
13Vgl. BMF-Schreiben vom 14.10.2015 – IV C 5 – S 2332/15/10001 (BStBl 2015 I S. 832), Tz. 4a.
14Siehe hierzu ausführlich § 2 Wohnungsbau-Prämiengesetz.
15Maßgebend ist das zu versteuernde Einkommen (§ 2a Wohnungsbau-Prämiengesetz).
16Siehe § 4 Abs. 2 Satz 1Wohnungsbau-Prämiengesetz.
17Vgl. BFH vom 21.05.2019 IX R 6/18 (BFH/NV 2019 S. 1227), Rz. 16 ff., m. w. N.; BMF-Schreiben vom 05.10.2000 – IV C 3 – S 2256 – 263/00 (BStBl 2000 I S. 1383), Tz. 22 f.
18FG München vom 11.03.2021 11 K 2405/19; Revision eingelegt (Az. des BFH: IX R 11/21).
19Vgl. z. B. FinMin Thüringen vom 22.03.2021 – S 1901-2020 Corona-21.14.
20Vgl. Pressemitteilung des FinMin Baden-Württemberg vom 20.08.2021.
21Der Termin verschiebt sich wegen den Sonn- und Feiertagsregelungen je nach Bundesland auf den 01.11.2021 bzw. 02.11.2021.
22Siehe Art. 6 des ATAD-Umsetzungsgesetzes (BGBl 2021 I S. 2048).
23Zu den weiteren dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Bezügen siehe § 32b Abs. 1 EStG.
24Siehe § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG.