Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

Säumniszuschläge entstehen, wenn eine festgesetzte bzw. angemeldete Steuer nicht pünktlich zum Fälligkeitstag gezahlt wurde; bei einer Säumnis von bis zu drei Tagen (Schonfrist) werden diese regelmäßig nicht erhoben. Für jeden angefangenen Monat der Säumnis fallen automatisch 1 % (12 %
pro Jahr) des rückständigen Steuerbetrags an.5 Neben ihrer Funktion als Druckmittel erfüllen Säumniszuschläge auch eine zinsähnliche Funktion für die Zeit des Zahlungsrückstands. Vor dem Hintergrund des anhaltend niedrigen Zinsniveaus hat der Bundesfinanzhof in einem kürzlich bekannt gewordenen Beschluss6 Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen geäußert. Der Bundesfinanzhof entschied, dass für den hälftigen Betrag der Säumniszuschläge die Vollziehung auszusetzten ist, da insofern der Zinscharakter gegeben ist.

Der Beschluss ist jedoch zeitlich vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ergangen, mit dem die Höhe der Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen für verfassungswidrig erklärt wurde. Das Bundesverfassungsgericht schloss jedoch eine Erweiterung auf Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen ausdrücklich aus. Diese Einschränkung begründete das Gericht damit, dass hierbei grundsätzlich eine Möglichkeit besteht, den Zinstatbestand nicht zu verwirklichen.7 Die Frage, inwieweit dies auch auf Säumniszuschläge zutrifft, die durch pünktliche Zahlung vermieden werden können, hat das Bundesverfassungsgericht offengelassen.

 

1Lohnsteuer-Anmeldungen bzw. Umsatzsteuer-Voranmeldungen müssen bis zum Fälligkeitstag abgegeben werden, da sonst Verspätungszuschläge entstehen können.
2Für den abgelaufenen Monat.
3Das Ende der Schonfrist verschiebt sich auf den 14.03., weil der 13.03. ein Sonntag ist.
4Für den abgelaufenen Monat; bei Dauerfristverlängerung für den vorletzten Monat.
5Siehe § 240 AO.
6BFH-Beschluss vom 26.05.2021 VII B 13/21 (AdV).
7BVerfG-Beschluss vom 08.07.2021 1 BvR 2237/14, 1 BvR 2422/17, Rz. 242; siehe dazu auch Informationsbrief Oktober 2021 Nr. 2.
8Vgl. § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG; bei Arbeitnehmern mit Behinderungen siehe § 9 Abs. 2 Satz 3 und 4 EStG.
9Siehe dazu BMF-Schreiben vom 18.11.2021 – IV C 5 – S 2351/20/1001 (BStBl 2021 I S. 2315).
10BFH-Urteil vom 16.09.2021 IV R 34/18
11BFH-Urteil vom 18.05.2021 I R 4/17.
12§ 33 Abs. 1 Satz 1 und 2 GrStG; besondere Voraussetzungen gelten bei Betrieben der Land- und Forstwirtschaft und bei eigengewerblich genutzten Grundstücken (siehe § 33 Abs. 1 Satz 3 GrStG).
13Siehe OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.05.2016 6 A 10971/15.
14BFH-Urteil vom 06.05.2020 X R 16/18; vgl. auch Informationsbrief Oktober 2020 Nr. 7.
15BMF-Schreiben vom 16.12.2021 – IV C 3 – S 2221/20/10012.
16BFH-Urteil vom 06.12.2017 VI R 41/15 (BStBl 2018 II S. 355).
17FinMin Schleswig-Holstein vom 08.01.2020 – VI 308 – S 2145 – 116.
18BVerfG-Urteil vom 10.04.2018 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11, 1 BvR 889/12.